Positive Psychologie und Positives Coaching

Führungskraft im Seminar "Positiv Führen"

 

Orientieren Sie sich in Ihrer Führung am größten Wert, den es gibt: Glück

Eine absurde Idee? Keineswegs. Die Vorstellung, dass Glück aus zwei Teilen besteht – Freude und Sinnhaftigkeit – stammt aus der griechischen Philosophie und bestätigt sich Tag für Tag auch in unserem modernen Leben. Hedonia (das Vergnügen, die Freude) und Eudaimonia (die Bedeutung, der Sinn) – wenn wir diese beiden Werte in unserem Alltag pflegen, entsteht das, wonach wir uns alle sehnen: Glück.

Das gilt für unser Privatleben und für unser Arbeitsleben: Tägliche Freude und ein Sinn im Leben gelten als zwei Schlüsselfaktoren für den Zustand des Glücklichseins. Auf diesem Gedanken basiert die Positive Psychologie, benannt nach dem letzten Kapitel von Abraham Maslows Grundlagenwerk »Motivation and Personality« (1954), das er mit »Toward a Positive Psychology« überschrieben hatte. Ausschlaggebend für die tatsächliche Entwicklung dieser Psychologie war dann allerdings das Engagement von Martin Seligman. Mit seiner richtungsweisenden Einführungsrede als Präsident der American Psychological Association im Jahre 1998 machte er die Positive Psychologie auch für die Unternehmenswelt prominent. Im Jahr 2000 formulierte er dann gemeinsam mit Mihaly Csikszentmihalyi, dem Begründer der Flow-Forschung, in der Zeitschrift American Psychologist, was die Positive Psychologie sein soll: »eine Wissenschaft von positiven subjektiven Erfahrungen, positiven individuellen Eigenschaften und positiven Institutionen«.

In diesem Sinne erforscht die Positive Psychologie bis heute, wie Individuen durch Wohlbefinden, Sinn, Liebe, Dankbarkeit aufblühen (»flourishing«), und wie sie durch (etappenweise, prozesshafte) Zielerreichung und gute zwischenmenschliche Beziehungen Wohlbefinden empfinden können. Die traditionelle problemfokussierte Betrachtungsweise der Psychologie weicht damit einer Fokussierung auf die Stärken des Individuums, die gerade für das ganzheitliche Verständnis der menschlichen Erfahrungswelt essenziell sind. Mit ihren praxisorientierten Tools unterstützt die Positive Psychologie zum Beispiel Führungskräfte ganz konkret darin, ihre eigenen Stärken und die ihrer MitarbeiterInnen zu fördern, oder besser gesagt: aufblühen zu lassen.

Lassen Sie Ihre MitarbeiterInnen »aufblühen«

Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, so zu führen, dass sich das Wohlbefinden der Menschen im Unternehmen steigert. Das gelingt, wenn Sie Ihre MitarbeiterInnen dabei unterstützen bzw. ihnen die Möglichkeit geben, wesentliche positive Gefühle zu entwickeln. Seligman benennt die fünf aus seiner Sicht wichtigsten:

  • Hoffnung
  • Engagement und Motivation
  • Positive Beziehungen, unterstützendes Umfeld (Mit wem mache ich das?)
  • Sinn, Sinnhaftigkeit (Warum machen wir das?)
  • Wirksamkeit (Wie erlebe ich mich? Empfinde ich mich als wirksam, als erfolgreich?)

Anhand der Gallup Q12®−Fragen haben wir für Sie eine Checklist zusammengestellt, aus der Sie als Führungskraft ganz konkrete Handlungen ableiten können, wie Sie und Ihre MitarbeiterInnen in diesen positiven Gefühlsbereich gelangen. Spüren Sie jedem einzelnen Punkt einmal nach: Wo stehen Sie? Wie ist es um Ihre persönlichen »positiven Führungsqualitäten« bestellt?

 

Positives Führen – Checkliste

  • Ich gebe meinen MitarbeiterInnenn die Gelegenheit, das zu tun, was sie am besten können.
  • Ich stelle sicher, dass alle meine MitarbeiterInnen genau wissen und verstehen, was von ihnen erwartet wird.
  • Ich stelle meinen MitarbeiterInnen alle Arbeitsmaterialien zur Verfügung, die sie zur Erledigung ihrer Arbeit brauchen.
  • Ich gebe ihnen regelmäßig Anerkennung für ihre Arbeit.
  • Ich interessiere mich für meine MitarbeiterInnen als Mensch.
  • Ich fördere ihre individuelle Entwicklung.
  • Ich nehme die Meinungen meiner MitarbeiterInnen ernst.
  • Ich zeige meinen MitarbeiterInnen ihren Beitrag zu den Zielen des Unternehmens auf.
  • Ich schaffe eine Arbeitsatmosphäre, in der alle Teams und die gesamte Belegschaft einen inneren Antrieb haben, Arbeit von hoher Qualität zu leisten.
  • Ich biete meinen MitarbeiterInnen die Möglichkeit, sich kennenzulernen.
  • Ich spreche regelmäßig mit meinen MitarbeiterInnen über ihre Fortschritte.
  • Ich biete ihnen die Möglichkeit, Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
  • Und last but not least: Ich orientiere mich an den Stärken meiner MitarbeiterInnen.

 

Jeder Mensch hat Stärken

Von dieser Überzeugung geht der Stärkenansatz von Martin Seligman und Christoph Peterson (2004) aus. Und davon, dass

  • die Nutzung von Stärken zu Motivation, Wohlbefinden und Zufriedenheit beisteuert,
  • die Arbeit an Schwächen mühsam und nur begrenzt mit Erfolg verbunden ist, und
  • die Arbeit an Stärken größeres menschliches Entwicklungspotenzial mit sich bringt als die Arbeit an Schwächen.

Erproben Sie einmal in einem Selbstversuch, wie unterschiedlich sich – mit dem gleichen Ziel – das Arbeiten an Schwächen oder an Stärken anfühlt. Wählen Sie dafür ein Thema aus Ihrem persönlichen beruflichen Bereich.



Klassische Übung nach Matt Driver (2001): Defizit- und Stärkenfokus

Defizitfokus

  1. Wählen Sie einen Aspekt Ihrer Arbeit, den Sie als belastend und herausfordernd erleben, oder bei dem Ihnen schwerfällt, wirklich gute Leistungen zu bringen.
  2. Formulieren Sie schriftlich ein konstruktives 12-Monats-Ziel für sich, um Ihre Leistung in diesem Bereich auf ein besseres Niveau zu heben, und drei konkrete Schritte, wie Sie dieses Ziel erreichen können.
  3. Anschließend notieren Sie darunter, welche Gefühle und Gedanken dieses Ziel in Ihnen auslöst.

Stärkenfokus

  1. Wählen Sie einen Aspekt Ihrer Arbeit, der Ihnen Freude macht und in dem es Ihnen leichtfällt, wirklich gute Leistungen zu bringen.
  2. Formulieren Sie schriftlich ein 12-Monats-Ziel für sich, um Ihre Kompetenzen und Fähigkeiten in diesem Bereich noch mehr zu nutzen und weiter auszubauen sowie drei konkrete Schritte, wie Sie dieses Ziel erreichen können.
  3. Anschließend notieren Sie darunter, welche Gefühle und Gedanken dieses Ziel in Ihnen auslöst.


Merken Sie den Unterschied? Können Sie sich vorstellen, dass es sich auch für Ihre MitarbeiterInnen sehr unterschiedlich anfühlen kann, ob Sie sich in Ihrer Führung und im Coaching an ihren Stärken oder an ihren Schwächen orientieren? Wenn Ihre Antwort ein Ja ist:

Setzen Sie die Maximen der Positiven Psychologie in die Praxis um und unterstützen Sie Ihre MitarbeiterInnen auf diese Weise, 1. Herausforderungen und Probleme nicht nur schneller, sondern auch besser zu lösen und 2. währenddessen auf den eigenen Weg und zu sich selbst zu finden. Führen Sie positiv! Denn Positive Leading ist mehr als eine Möglichkeit der Prozessgestaltung. Es ist eine Form des Miteinander-Seins – und eine Chance für Führungskräfte, echtes Wachstum zu ermöglichen. Sich selbst und Ihren MitarbeiterInnen.



Unsere Tipps für Führungskräfte:

  • Haltung – Kultivieren Sie im Umgang mit Ihren MitarbeiterInnen ein positives Menschenbild.
  • Dialog statt Monolog – Lernen Sie die Sicht Ihrer MitarbeiterInnen kennen.
  • Stärken erkennen – Finden Sie heraus, wo Ihr Mitarbeiter/Ihre Mitarbeiterin seine/ihre Stärken hat.
  • Positive Arbeitsumgebung schaffen – Finden Sie heraus, unter welchen Umständen Ihre MitarbeiterInnen lieber vor Ort arbeiten als zuhause: Was braucht jede/r Einzelne, um »aufzublühen«?
  • Flexibilität zeigen – Besprechen Sie mit Ihren MitarbeiterInnen neue Arbeitszeitmodelle.
  • Rückmeldung geben – Benennen Sie die Erfolge Ihrer MitarbeiterInnen.
  • Selbstvertrauen stärken – Entwickeln Sie Ihre MitarbeiterInnen aktiv und konstruktiv weiter. Mitarbeiterentwicklung ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben!


Buchtipps

  • Seligman, Martin; Schuhmacher, Stephan: Flourish – Wie Menschen aufblühen,
    Kösel-Verlag, 2012
  • Blickhan, Daniela: Positive Psychologie und Coaching: Von der Lösungs- zur Wachstumsorientierung,
    Junfermann Verlag, 2021
  • Mangelsdorf, Judith: Positive Psychologie im Coaching: Positive Coaching für Coaches, Berater und Therapeuten,
    Springer, 2019

 

TED-Talk Martin Seligman

https://www.ted.com/talks/martin_seligman_the_new_era_of_positive_psychology?language=de

 

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